«Singen ist geteilte Freude»: Rahel Klipstein dirigiert den Chor Wolfhausen aus der Pandemie

 Rahel Klipstein bei Probenbeginn…
Rahel Klipstein bei Probenbeginn…

Wird der Chor Wolfhausen die Coronazeit überleben? Ja! Die zwanzig Singfreudigen des Chors Wolfhausen wollen! Sie haben in Rahel Klipstein aus Bubikon im Februar eine ihnen genehme Dirigentin gefunden und an der Generalversammlung im Mai konnten alle Chargen wieder besetzt werden. Ein Tenor war bei der Dirigentin zu Besuch.


«Ich war achtjährig als ich mich mit einem Cousin mich darüber unterhielt, was wir wohl werden würden», erzählt die Musiklehrerin im Aufenthaltsraum der Bubiker Wohnsiedlung, wo sie mich empfängt, «ich erklärte damals, ich würde, wenn ich gross bin, etwas mit Theater und Musik machen.» 2013 schloss sie den Bachelor in Musik und Bewegung an der ZHdK ab und unterrichtet nun – nebst weiteren musikalischen Projekten – an der Primarschule Esslingen.

Über hundert Muskeln geben Gas
Während der Sekundarschulzeit bot ihr der von der Jugendarbeit der reformierten Kirchen von Bubikon und Rüti begleitete «Ten Sing» die Gelegenheit, in mehrstimmigem Gesang, Theaterspiel und im Dirigieren Erfahrung zu sammeln. Diesen Jugendchor leitete sie als Gymnasiastin, die im Kantiorchester Wetzikon Bratsche spielte, über mehrere Jahre mit Erfolg. Auf Youtube findet sich ein Bilderreigen der Auftritte des Ten Sing Rüti-Bubikon jener Jahre mit einem Rap, der das Zusammenspiel von Lunge, Kehlkopf und Stimmbändern rassig erklärt und zum Schluss kommt: «Über sechzig Muskeln geben Gas, doch das allerbeste ist: Singen macht Spass». – Was geschieht mit dem Menschen beim Singen? «Es sind hundert Muskeln, übrigens,» verbessert die Musikpädagogin den Rap, «So fühlt man sich nach der Chorprobe wie nach einem Training zufriedener und ausgeglichener. Auch werden Hormone ausgeschüttet, die zum Sängerglück beitragen.

 

Das Schöne an der Stimme ist: jeder Mensch hat eine und sie bietet ihm eine breite Spanne an Ausdrucks- und Kommunikationsmöglichkeiten. Im Chor erklingen wir gemeinsam mehrstimmig, was noch viel schöner ist. Chorsingen heisst darum, mit dem Publikum Freude zu teilen. Die menschliche Stimme schafft mehr Nähe als jedes andere Instrument». Für Rahel Klipstein ist es eine glückliche Fügung, zum Chor Wolfhausen gekommen zu sein: «Im Herbst letzten Jahres tauchte in mir der Wunsch auf, wieder einen Chor zu leiten. So kam die Anfrage vor Weihnachten just im richtigen Moment». Nach Probedirigaten mit drei weiteren Kandidatinnen entschied sich der Chor Wolfhausen für die Bubikerin.

Quer durch den Gemüsegarten
Aber weshalb, entschied sie sich für den Chor? «Die Gruppe machte mir vom ersten Kontakt an einen sehr offenen, natürlichen und freundlichen Eindruck. Sofort stellten sie sich frei im Raum zum Einsingen auf und waren gespannt auf meine Anweisungen.» Wie wird sie die Aussage der Website interpretieren, man singe «alles, quer durch den Gemüsegarten»? – «Singen soll Freude bereiten und ich nehme am liebsten Impulse aus der Gruppe auf. Es geht darum einen gemeinsamen Garten zu gestalten, hinter dem die Menschen mit Freude mit ihrer Stimme stehen. Der Chor soll sich mit seinem Repertoire identifizieren. Auch neue Mitglieder dürfen Vorschläge machen. Ich ergänze das:  etwa mit Volksliedern aus diversen Ländern, die mir am Herzen liegen.» An der Chorleitung fasziniert sie, das Training verschiedener musikalischer Fertigkeiten, die Kommunikation und Arbeit mit den Sängerinnen und Sängern und fügt an: «Eine besondere Freude ist es für mich in meiner Wohngemeinde, in der ich auch aufwuchs nun musikalisch zu wirken und so das Gemeindeleben mitzugestalten.»

Wie mitmachen?
Öffentliche Aufführungen sind erst in der zweiten Jahreshälfte geplant (Adventssingen am Weihnachtsmarkt im Ritterhaus, Auftritte im Altersheim). Eine Chorreise steht in Aussicht. Der «Sängerverein Wolfhausen», wie der Chor bis 2016 hiess, ging 1942 (damals zählte die Gemeinde noch um die 2000 Seelen) aus der Fusion des gemischten, des Frauen- und des Männerchores Wolfhausen zurück. Bei bald 8000 Einwohnern gibt es bestimmt noch unentdeckte Chorsängerinnen und -sänger. Diese melden sich am besten beim Präsidenten Kaspar Wegmann (055 243 26 15) für eine Schnupperprobe an. «Für sängerische Fragen, gebe ich auch gern Auskunft», ergänzt Rahel Klipstein. Die Probezeit am Mittwochabend von 19.45 bis 21.45 Uhr käme gerade auch Eltern von kleinen Kindern entgegen. «Wie man meine Generation zum Singen motivieren kann? Offengestanden, ich habe noch keine schlüssige Antwort», meint die zweifache Mutter nachdenklich, «Für mich ist einfach klar: Singen bereitet Freude.»

Giorgio Girardet (Tenor, Chor Wolfhausen)

… und mitten bei der Arbeit im Singsaal des Schulhaus Geissberg in Wolfhausen.
… und mitten bei der Arbeit im Singsaal des Schulhaus Geissberg in Wolfhausen.

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