Der seltsame Wahlkampf des "Zürcher Oberländers"
Der Wahlkampf um die freie Bezirksrichterstelle ist im vollen Gang, namentlich in den elektronischen und gedruckten Medien. Und er wird leider nicht fair geführt. Vor allem die Fast-Monopol-Zeitung "Zürcher Oberländer", ein traditionell mit der FDP verbundenes Blatt, hat sich in den vergangenen Tagen auf eine dubiose Art und Weise in den Wahlkampf eingemischt. Vier belegbare Beispiele:
- Ein Communiqué des überparteilichen Unerstützungskomitees für Hannes Dubach wurde im ZO vom 27. August 2013 zwar berücksichtigt, jedoch auf ein Minimum zusammengekürzt. Berichtet wird lediglich über die Zusammensetzung des Komitees. Das Communiqué enthielt jedoch auch ein ausführliches Argumentarium für die Unterstützung von Hannes Dubach. Davon findet sich im ZO kein einziges Wort. Stattdessen wird behauptet, Dubach kandidiere als "Ersatzrichter": Eine Falschmeldung, die nach den Vorschriften des Presserates sofort korrigiert werden müsste. Richtig ist, dass es sich um eine – durch einen Rücktritt notwendig gewordene – Ersatzwahl für eine vollamtliche Richterstelle handelt.
- Ganz anders wurde dagegen die Medienmitteilung des Unterstützungskomitees von Andrea Vontobel im ZO behandelt: In der gedruckten Version im ZO vom 28. August werden grosszügig lobende Worte aus dem Communiqué wiedergegeben (z.B. sie habe "Sach- und Sozialkompetenz" bewiesen, und sie sei für ihre Kollegen "ein Gewinn für die Justiz").
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In einem am Dienstag verbreiteten Communiqué der CVP Bubikon hiess es, die Ortspartei habe beide Kandidaten zu einem Gespräch eingeladen. Und wörtlich: "Hannes Dubach und Andrea Vontobel
erwiesen sich beide in der Vorstellung und der intensiven Befragung als sehr gut qualifiziert für das Bezirksrichteramt." Dieses Communiqué wurde bislang erst in der ZO-Onlineausgabe
publiziert. Der sehr faire Satz der CVP Bubikon über die gleiche Qualifikation der beiden Kandidaten wurde herausgestrichen.
- Üblicherweise publiziert der ZO kurze Meldungen über die Parolen aller Ortsparteien für Gemeindeversammlungen und Abstimmungen. Das tat er am 28. August 2013 auch mit einer Medienmitteilung der EVP Bubikon. Die auf Hannes Dubach lautende Parole für die Bezirksrichterwahl – auch dies ist eine Abstimmungsvorlage vom 22. September 2013! – wurde herausgestrichen.
Zweifellos dürfen Medienschaffende eine eigene politische Meinung haben. Zweifellos dürfen sie diese auch in Kommentaren kundtun. Das für die Leserschaft intransparente Entstellen von Tatsachen und das Unterschlagen von wichtigen Informationen in der Berichterstattung sind aber gemäss den Richtlinien des Presserats medienrechtliche Delikte. Dieses unfaire und unjournalistische Verhalten des Wetziker Medienhauses, das wohl nicht mehr unter Zufall oder Flüchtigkeit abgetan werden kann, in einem wichtigen Wahlkampf ist staatspolitisch äusserst bedenklich.
Thomas Illi, Chefredaktor "buebikernews"
Offenlegung von Interessensbindungen: Thomas Illi ist Präsident der EVP Bezirk Hinwil und der EVP Bubikon, die beide die Kandidatur von Hannes Dubach unterstützen. In dieser Funktion ist er Mitglied des überparteilichen Unterstützungskomitees für Hannes Dubach.
Nachtrag
In einem Entscheid aus dem Jahr 2004 hat der Presserat das St. Galler Tagblatt gerügt, weil es entgegen eigener Richtlinien die SP und den Hauseigentümerverband bei der Publikation von Wahlempfehlungen ungleich behandelt hat. Eine parteiergreifende Berichterstattung verstosse zwar nicht gegen berufsethische Pflichten. Transparenz über die Kriterien der Informationsauswahl sei jedoch zu begrüssen, schrieb der Presserat in seinem damaligen Entscheid.
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