Bubikon verliert

Wenn in einem Dorf – nennen wir es Seldwyla – der eigene Bahnschalter geschlossen wird, stirbt ein Stück Identität. Ein Stück Identität stirbt auch, wenn die eigene Poststelle aufgegeben wird. Zwar hält die Bahn nach wie vor in Seldwyla, und Billette können am Automaten gelöst werden. Zwar wird auch die Post noch immer ausgetragen, und einfache Postgeschäfte können auch an der dafür eingerichteten Theke im örtlichen Lebensmittelladen getätigt werden. Aber das ist nicht dasselbe. Seldwyla, stolze und lebendige Gemeinde mit engagierten Einwohnerinnen und Einwohner, ist ein Stück mehr zur Banlieue verkommen.

 

Nun, Bubikon ist nicht Seldwyla: Bubikon hat – noch – einen bedienten Bahnschalter und geöffnete Poststellen in beiden Ortsteilen. Aber Bubikon wird, so sieht es aus, in wenigen Jahren vielleicht keine eigenständige reformierte Kirchgemeinde mehr haben ("buebikernews" berichtete). Was kümmert mich das, werden Sie vielleicht denken. Eine Vereinfachung der Strukturen spart doch viel Geld.

 

Sicher: In der mittelalterlichen Kirche Bubikon wird es auch nach einer allfälligen Fusion mit Dürnten oder Rüti oder beiden Nachbargemeinden noch Gottesdienste geben. Auch eine für Bubikon zuständige Pfarrperson, vielleicht auch zwei, wird für seelsorgerische Fragen ansprechbar sein. Es wird Veranstaltungen und Konzerte geben, die Kinder werden den Unterricht besuchen, man wird sich kirchlich trauen lassen können. Das kirchliche Angebot wird – in reduziertem Umfang – noch vorhanden sein.

 

Aber eine Kirchgemeinde Bubikon als identitätsstiftenden Faktor in der Gemeinde Bubikon wird es nicht mehr geben. Warum ist dies wichtig? Warum war es vor 200 Jahren den Wolfhausern wichtig, endlich zur Kirchgemeinde Bubikon zu gehören und nicht mehr an der Kirche Bubikon vorbei nach Dürnten in den Gottesdienst gehen zu müssen? Warum fusionieren eigentlich nicht auch die lokalen Turn- und die Schützenvereine zu überregionalen Gebilden? Warum existiert sogar die Hilaria in Dürnten, Rüti und Bubikon je als eigenständiger Verein? Warum sind Ortssektionen überall wichtig, nur anscheinend nicht (mehr) in der Kirche?

 

Eine fusionierte "Kirchgemeinde Oberland Süd" wird vielleicht den kirchlichen Service Public effizienter und mit besserer Ausnützung der vorhandenen Ressourcen wahrnehmen können. Trotzdem wird Bubikon – und wohl nicht nur die Reformierten – viel verlieren. Das Herausbrechen eines wichtigen Steins im dörflichen Zusammenhalt wird sich auswirken.

 

Thomas Illi, Chefredaktor "buebikernews"*

 

*Deklaration von Interessensbindungen: Thomas Illi ist Präsident der reformierten Kirchenpflege Bubikon

 


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